Reggae-Music
Inhalt
REGGAE-MUSIC (1979-1981) ist ein Dokumentarfilm über die Entwicklung und identitätsstiftende Bedeutung des Reggae für die Jamaikaner. Jamaika, das als Geburtsort des Reggae gilt, war über Jahrhunderte hinweg Britische Kolonie, in die zahllose afrikanische Sklaven deportiert wurden.
Die mitgebrachten musikalischen Traditionen entwickelten sich auf Jamaika vom Mento zum Calypso und vom Ska zum Reggae. Hierbei spielten neben spanischen (Rumba) und nordamerikanischen (Soul, Blues, Rhythm and Blues, Jazz) Einflüssen zahlreiche andere Musikformen eine Rolle.
Der Film thematisiert vor allem den Einfluss der medialen Streuung durch die in den 1950er Jahren von jamaikanischen Saisonarbeitern aus Nordamerika mitgebrachten Transistorradios und Sound Systems. Die zahlreichen Reggae-Musikläden und -Produktionen gelten als ein wichtiger Ort und Faktor der jamaikanischen Identitätsstiftung. Gezeigt werden zahlreiche Gespräche, die Coulanges mit den Menschen in den Musikstudios, Plattenläden und Straßen Montego Bays und Kingstons über die Bedeutung des Reggae führte, darunter auch ein Interview mit einem Rastafari.
Kontext
Der Film entstand in Coulanges’ erstem Studienjahr an der Deutschen Film- und Fernsehakademie Berlin (dffb) und wäre fast nicht produziert worden, weil Heinz Rathsack, der Direktor der Akadamie, das Projekt als zu ambitioniert für ein Erstlingswerk einstufte.
Coulanges, der schon vor dem Studium als Kameramann für das Fernsehen gearbeitet hatte, konnte sich jedoch durchsetzen und begann im August 1979 in Montego Bay und Kingston auf Jamaika mit den Dreharbeiten.
Dem Film ging ein Gespräch mit Donnie McDermott alias Candyman voraus, den Coulanges bei einer vorangegangenen Drehreise auf Jamaika kennengelernt hatte. Die Begegnung zwischen Coulanges und McDermott war eine Initialzündung zur Entstehung von REGGAE-MUSIC. Das Interview mit McDermott bildet einen Teil des Off-Kommentars im Film.
Coulanges hatte sich neben den Aufnahmen auf den Straßen von Montego Bay unter anderem das damals schon bekannte TUFF GONG Studio von Bob Marley als Drehort ausgesucht. Dieses zu finden war nicht schwer — jeder in der Stadt kannte das Studio der Reggae-Ikone. Der Filmemacher musste nur auf den Straßen Kingstons nach dem Weg fragen. Da im TUFF GONG Studio während Coulanges’ Aufenthalt in Jamaika keine Neueinspielung von Bob Marley und den Wailers geplant war, lud Marley das Filmteam (Rolf Coulanges und Ursula Dietrich) zum Dreh der Studioarbeiten für sein neues Album „Survial“ ein. Bei der Ankunft des Drehteams im Studio war auf der Pinnwand eine Notiz von Marley zu lesen, dass deutsche Filmstudenten das Studio heute besuchen würden und jeder gebeten wird, das Filmteam bei den Dreharbeiten zu unterstützen. Bei den Aufnahmen durfte Coulanges sein Nagra-Tonbandgerät direkt mit dem Mischpult des Studios verbinden und konnte so den Mischprozess für den Song „Babylon System“ für Marleys legendäres Album „Survival“ direkt aufnehmen. Am Ende des Drehtages kam Bob Marley selbst ins Studio und gab, obwohl „Survival“ noch nicht erschienen war, Coulanges die Erlaubnis, die Tonband-Aufnahmen in seinen Film zu verwenden, - ein großer Vertrauensbeweis.
In Kingston drehte Coulanges die Musikprobe einer Gruppe von Nachwuchsmusikern im ZAP POW Productions Studio. Neben dem Interview mit Donnie McDermott führte Coulanges weitere, wie zum Beispiel mit Tippa, dem Besitzer des Musikladens Record City in Montego Bay, und seinen „Deejays“. Der Dreh in dem Plattenladen erwies sich als schwierig. Der Laden war wegen der Enge der Räume und des riesigen Publikumsandrangs für gute Tonaufnahmen ungeeignet. Die Aufnahmen wurde daher in dem Pariser Plattenladen JAM MUSIC später nachgeholt. Für die neuen Aufnahmen in Europa wurden genau dieselben Platten genutzt, die bereits beim Dreh auf Jamaika aufgelegt worden waren.
Das aufsehenerregendste Interview ist das mit ZOULOU, einem Reggae-Sänger, der im Ghetto Canterbury in Montego Bay lebte. Zoulou hatte zuvor einen großen Teil der Bewohner von Canterbury über die Filmaufnahmen informiert, weil Dreharbeiten im Ghetto nicht mehr geduldet wurden, nachdem Fotografen und Fernsehteams das Ghetto für die Produktion von mediengerechten Elendsbildern benutzt hatten: „We live in poverty, and they earn money with our bad life.“ Während des Interviews standen deshalb außer Coulanges auch viele Bewohner von Canterbury hinter der Kamera. Der Gegenschuss fehlt im Film, weil dieser nach Coulanges Empfinden, aufgrund der bestehenden Spannungen, als Provokation empfunden worden wäre.
Am Ende des Films dreht Coulanges in einem sehr kleinen Plattenladen in der William Street 6 in Montego Bay. Ton-Außenaufnahmen waren nicht möglich, da die Filmaufnahmen möglichst unspektakulär ohne professionelles Gehabe stattfinden sollten ― daher drehte Coulanges mit einer kleinen, nicht synchronfähigen 16-mm-Handkamera (Bolex H16 RX). Die fehlenden Tonaufnahmen dieser Außenaufnahmen holte er mit einer Art jamaikanischem Sound System auf dem damaligen Hof der Filmakademie in der Pommernallee in Berlin-Charlottenburg nach. Die originalen Platten aus Jamaika wurden wegen der erforderlichen Stille nachts aufgelegt und als Ton-Außenaufnahmen mit der entsprechenden Außenakustik am Ort wieder aufgenommen. Viele Außentöne des Films sind, soweit sie Musik enthalten, auf dem Hof der dffb Filmakademie entstanden, da sie nicht an den Originaldrehorten aufgenommen werden konnten. Da es in Jamaika kaum Straßen-Atmos ohne Musikfetzen im Hintergrund gab, mischte Coulanges die Tonaufnahmen vom Akademiehof mit Straßen-Atmos aus Paris, wo ähnliche Autos wie in Jamaika fahren.
Die Musikaufnahmen, die im Film zu hören sind, stammen unter anderem von Guy Conquette, Don Drummond, Joe Gibbs, Bob Marley, Big Youth, Nigga Kojak und U-Roy. Eingebettet in den Film sind ferner diverse Fotografien von Peter Simon, Bill Sparrow, Marion Post Walcott, Dorothea Lang, Daniel Lainé und Adrian Boots.
Filmkopien
SDK01870-V Positivkopie 16mm
SDK05887-A Umkehroriginal 16mm
SDK05887-A Magnetband 16mm
SDK02781-V Positivkopie (kombiniert) 16mm
SDK04109-V Umkehrkopie 16mm
SDK09759-A Magnetband 16mm
Credits
- Regie:
- Coulanges, Rolf
- Drehbuch (Credit):
- Coulanges, Rolf
- Kamera:
- Coulanges, Rolf
- Schnitt:
- Coulanges, Rolf
- Ton:
- Dieterich, Ursula
- Mitarbeit:
- Dieterich, Ursula
- McDermott, Donnie
Details
- Quelle:
- Deutsche Kinemathek – Museum für Film und Fernsehen
- Produktionsfirma:
- Deutsche Film- und Fernsehakademie Berlin GmbH
- Produktionskategorie:
- Grundkursfilm
- Schlagworte:
- Medienmedia
- Rassismus
- Jamaika
- Reggae
- Kategorie:
- Dokumentarfilm
- Archivnummer:
- SDK01870-V
- SDK05887-A
- SDK02781-V
- SDK04109-V
- SDK09759-A
- Bildseitenverhältnis:
- 1:1,375
- Drehformat:
- Film 16mm
- Farbe:
- Farbe
Dreharbeiten & Auszeichnungen
- Dreharbeiten:
- 10.08.1979 - 30.08.1979
- Drehorte:
- Jamaika